Das Potential des Beckenbodens
Gudrun Troppmann ist Yogalehrerin BYO/EYU und unterrichtet seit mehreren Jahren Yoga speziell für den Beckenboden. Zielgruppe sind Frauen in unterschiedlichen Lebensphasen – von jungen Müttern über Frauen in ihrer Lebensmitte bis zu Seniorinnen. Ihr Unterrichtskonzept verfeinerte sie unter Mitarbeit einer Physiotherapeutin.
Am 14. Oktober 2017 gab es die Möglichkeit, bei Gudrun Troppmann in der Linzer Yoga Lounge eine BYO-Weiterbildung zu besuchen. Im Vorfeld stellte ihr Alexandra Eichenauer-Knoll ein paar Fragen.
Liebe Gudrun, wieso ist dir der Beckenboden ein so besonderes Anliegen?
Gudrun Troppmann: Der weibliche Beckenboden ist aufgrund seiner Nachbarschaft zu den Sexualorganen – immer noch – mit Scham behaftet und darum ein Tabuthema. Viele Frauen hören erstmals im Zuge einer Schwangerschaft vom Beckenboden. Und wenn man über ihn spricht, dann meistens in Zusammenhang Worten wie „schwach“ oder „inkontinent“. Mich reizt es, den Beckenboden aus der Peinlichkeitsecke herauszuholen und sein Potential in den Vordergrund zu stellen. Dieses Potential liegt in seinem Beitrag zu einer kräftigen Körpermitte, zu einer würdevollen Haltung, einem geschmeidigen Gang, zu gesundem sexuellem Erleben – kurz: zu einem guten Körpergefühl.
Warum eignet sich gerade Yoga so besonders gut, um sich mit dem Beckenboden zu beschäftigen?
Gudrun Troppmann: Im Yoga spielt die Beckenbodenmuskulatur seit jeher eine – im wahrsten Sinne des Wortes – tragende Rolle. In vielen Haltungen wird sie zur Stabilisierung eingesetzt, zum Schutz des unteren Rückens und um eine gewisse Leichtigkeit in der Position zu erreichen. Abseits von körperlichen werden der Aktivierung des Beckenbodens auch energetische Wirkungen nachgesagt.
Der Beckenboden aus physiotherapeutischer Sicht oder der Beckenboden aus energetischer Sicht – wo liegen deine Schwerpunkte? Gibt es da große Unterschiede im Zugang?
Gudrun Troppmann: Der körperliche Fokus ist als Einstieg in die Thematik für die Teilnehmerinnen am greifbarsten. Auch ich selbst bin eher ein wissenschaftlicher Typ. Darum ist mein Zugang in erster Linie ein anatomischer. Ich baue sehr wohl meditative Ansagen und Atemlenkungsübungen ein, aber die sind dazu da, den Beckenboden besser zu spüren und entspannen zu lernen – nicht unbedingt, um „energetische Wirkungen“ zu erzielen. Als Yoga-Unterrichtende müssen wir uns – im Gegensatz zu PhysiotherapeutInnen – nicht auf die so genannten „Defizite“ und „Schwächen“ des Beckenbodens konzentrieren. Wir haben die Chance, den Beckenboden als Ressource, als Potential, als Kraftort und Quelle eines guten Körpergefühls zu vermitteln.
Auch Männer haben einen Beckenboden? Aber wie erklärt man ihnen das einfühlsam?
Gudrun Troppmann: Auch für Männer ist es ein Gewinn, sich mit ihrem Beckenboden zu beschäftigen. Aber ehrlich gesagt, sind in meinen Kursen sehr selten männliche Teilnehmer. In meinen reinen Beckenboden-Kursen möchte ich eine Atmosphäre haben, in der man offen sprechen kann. Darum habe ich mich entschieden, sie nur für Frauen zu halten. Das Feld des männlichen Beckenbodens überlasse ich gerne meinen Kollegen.
Es gibt viele Bücher zu dem Thema. Kannst du uns eines besonders empfehlen?
Gudrun Troppmann: Das Buch „Beckenboden Power“ von Eric Franklin kann ich sehr ans Herz legen. Es enthält anschaulich erklärte Beckenboden-Anatomie und vor allem Visualisierungsübungen, die mich sehr inspiriert haben.
Du wird für den BYO ein Tagesworkshop anbieten. Was wird dein Hauptanliegen sein?
Gudrun Troppmann: Der Beckenboden ist bei den meisten Menschen ein „blinder Fleck“ der Körperwahrnehmung, das heißt, sie spüren ihn nicht. Die Aufforderung „Setze Mula Bandha“ verunsichert und frustriert deshalb viele. Abgesehen davon ist es für manche schlichtweg peinlich, „da unten“ anzuspannen. Ich möchte vermitteln, wie man im Yoga-Unterricht einen Rahmen schaffen kann, in dem die Teilnehmenden auf stressfreie Weise positive Erfahrungen mit ihrem Beckenboden sammeln können.