Peter Greve im Interview
Peter Greve wird von 16. – 18 . Mai 2025 in Wien ein Seminar für Yoga Austria – BYO abhalten. Der Titel ist vielversprechend: „Yoga und und das neuro-muskulo-skelettale System“. Eva Panny befragte ihn zu seinen Intentionen und zu seiner persönliche Entwicklung als Yogalehrender.
Eva Panny: Du unterrichtest im Mai 2025 ein Seminar zum Thema Yoga und das neuro-muskulo-skelettale System, in dem es unter anderem um das Ansteuern der Tiefenmuskulatur und das Mobilisieren der Nerven gehen soll. Was macht das so wertvoll?
Peter Greve: Das Bewegungssystem umfasst in funktioneller Hinsicht nicht nur die Muskeln und Gelenke, sondern auch die Nerven und das Nervensystem. Um es gesund zu erhalten, bedarf es im Yoga wie auch im Alltag einer Feinabstimmung von Mobilität und Stabilität. Hier kommt die Tiefenmuskulatur ins Spiel, der für die Stabilität des Bewegungssystems eine wichtige Aufgabe zukommt.
Außerdem ist es erstrebenswert, wenn das Nervensystem mit seinen bindegewebigen Strukturen im Körper beweglich bleibt. Andernfalls kann es die Quelle unterschiedlichster Symptome werden, was leider gar nicht so selten auch der Fall ist.
Yoga eröffnet uns unglaublich vielfältige Möglichkeiten, bei Haltungen und Bewegungen die Nerven und das Nervensystem zu mobilisieren. Außerdem können wir im Yoga üben, sehr differenziert die Tiefenmuskulatur wieder zu aktivieren. Die hat sich nämlich leider häufig quasi von unserer „Festplatte“ verabschiedet. Das heißt, unser Gehirn steuert sie nicht immer adäquat an. Im Yoga können wir das Ansteuern und einen guten Spannungszustand der Tiefenmuskulatur wieder einüben. Dies ist ein zentrales Anliegen meines Seminars.
Was macht die Kombination von Yoga und Physiotherapie für Dich aus?
Das Zauberwort ist Bewegung. Bewegung ist in der Physiotherapie und im Yoga das Heilmittel. In meiner Arbeit als Yogalehrer und Physiotherapeut versuche ich Menschen dabei zu unterstützen, das gesundheitsförderliche und therapeutische Potential von Yoga und Bewegung zu entdecken. Und ich meine, dass das Potential von Bewegung als Heilmittel enorm ist. Mir ist es ein Anliegen, dass Menschen durch Yoga heilsame Impulse erfahren. Dabei helfen mir meine Kenntnisse und meine Erfahrung als Physiotherapeut. Der Mensch mit seinen momentanen Bedürfnissen steht für mich im Mittelpunkt.
Die Physiotherapie lehrte mich, Haltung, Bewegung und Atmung gewissermaßen von innen zu verstehen. Und damit die Yogapraxis zu verfeinern. Ich meine, Praktizierenden dadurch besser helfen zu können, Yoga an ihre körperlichen Möglichkeiten und Bedürfnisse anzupassen.
Wie war Dein Yogaweg und was inspiriert Dich?
Yoga entdeckte ich für mich ursprünglich in Indien. Mein erster Lehrer war Pattabhi Jois, der Hauptvertreter des Ashtanga-Vinyasa-Yoga. Ich lernte dann, voller Neugier und Interesse, in den vergangenen 30 Jahren weitere Yogarichtungen kennen und integrierte sie in meine Praxis. Heute unterrichte ich Yoga eher stilunabhängig mit einem Schwerpunkt auf gesundheitsförderlicher Yogapraxis.
Am Yoga inspiriert mich das Bei-Sich-Ankommen. Yoga ist für mich Hinwendung zur Leiblichkeit: Yoga lädt uns ein zu erkunden, wie unser Leben sich uns leiblich in Form von Haltungsgewohnheiten, Atemmustern und Spannungszuständen einschreibt. Da diese Einschreibungen stets mit ganz persönlichen Gedanken, Gefühlen und Empfindungen einhergehen, machen sie Yoga zu einem Selbsterfahrungsweg. Das ist aber – glaube ich – kein Automatismus. Wir müssen uns für unsere Einschreibungen, für unsere Themen, schon empfänglich zeigen. Wir alle sind doch von unserer Lebensgeschichte, von unserer Erziehung und Kultur geprägt, das hat sich uns leiblich tief eingeschrieben, was teils richtig schmerzhaft ist. Wir erleiden das. Je mehr es mir nun gelingt, ganz aufmerksam dafür zu sein und das, was ich an mir selbst erfahre, zu akzeptieren im Sinne von: „Ah, interessant. Das betrifft ja mich! Das bin ich!“, kann ich behutsam auf eine Veränderung hinwirken. Indem ich übe, hier und da mehr, hier und da weniger zu tun. Tun und lassen. Tun und Loslassen in guter Balance. Oder: im Tun alle Anstrengung loslassen. Ich komme dann mit Yoga verwandelt in die Existenz. Das fasziniert und begeistert mich. Und ich erlebe das als beglückend.
Welche Bedeutung hat Yoga Deiner Meinung nach für die Gesellschaft?
Yoga kann uns helfen, das zum Ausdruck zu bringen, was uns als Mensch ausmacht, was in uns lebendig ist. Auf diese Weise können Menschen in Kontakt mit ihrer Umwelt treten. Das gelingt, weil wir uns mithilfe von Yoga selbst lustvoll erfahren können. Und ein Mensch, der wach und aufmerksam im Austausch mit seiner Umwelt ist, kann sich dabei wiederum lebendig erfahren. Auf diese Weise kann Yoga die Teilhabe an der Gesellschaft fördern, also etwas bewirken, das über das Individuum hinausgeht.
Wir als Yogalehrende können Teilnehmende unterstützen, gut für sich zu sorgen, ihr Bewegungssystem gesund zu erhalten und somit indirekt auch sich einzubringen und am sozialen Leben teilzunehmen. Die Kenntnisse über das neuro-muskulo-skelettale System und wie wir diese in den Yogaunterricht integrieren können, werde ich in meiner Weiterbildung praktisch und theoretisch weitergeben.
Zur Person: Peter Greve ist Yogalehrer BDY/EYU, Dozent und Physiotherapeut. Von 2007 bis 2022 betrieb er zusammen mit Nicole Verheyden die Yogaschule „Die Yogapraxis“ in Berlin, die auch Yoga Ausbildungsschule ist. Seit 2023 lebt er in Bonn.
Peter gibt Yogaunterricht und Workshops und unterstützt als Yoga- und als Physiotherapeut Menschen darin, Yoga präventiv und therapeutisch zu nutzen. Darüber hinaus ist er seit vielen Jahren in Aus- und Weiterbildungen für Yogalehrende tätig und unterrichtet unter Anderem Seminare in Yogatherapie undHands-on Techniken und Hilfestellungen im Yoga.