Schöpferisch, neugierig und energiegeladen
Die international tätige Yogalehrerin Adelheid Ohlig steht wie keine andere Europäerin seit vielen Jahren für die weibliche Seite des Yoga. Durch ihre Reisen als Journalistin und Dolmetscherin lernte sie Schamanen und Medizinfrauen mit ihren Techniken und Methoden in verschiedenen Kulturen kennen. Besonders prägend für das Konzept des von ihr entwickelten Luna Yoga war die Ausbildung bei Aviva Steiner, einer ungarisch-stämmigen Tänzerin und Physiotherapeutin, die in den 1960er und 1970er Jahren den Zusammenhang zwischen Bewegung und Zyklus erforschte.
Vom 6. – 8. November 2015 leitete Adelheid Ohlig in der Linzer Yogalounge ein Seminar zum Schwerpunktthema Chakren. Die Fragen im Vorfeld stellte Alexandra Eichenauer-Knoll. Fotos: Dorothee Boele, D-Schlüchtern und Arthur Häberli, CH-Luzern
Liebe Adelheid, Anfang November wirst Du in Linz ein BYO-Seminar halten. Du wirst dort Themen einbringen, die Dich schon lange beschäftigen: Die Auseinandersetzung mit der schöpferischen Weiblichkeit und Deine Freude an Bewegung und Ausdruck. Was dürfen sich die Teilnehmerinnen konkret erwarten?
Adelheid Ohlig: Ein Luna Yoga Seminar bringt Freude: Lebensfreude ist in unseren Zellen gespeichert, achtsame Bewegung im eigenen Atemrhythmus lockt und stärkt sie. Jede Person übt so, wie es ihr angenehm ist und entdeckt im Hinspüren, wie Grenzen sich weiten. Schöpferische Impulse werden wahrgenommen und wollen ausgedrückt werden.
Das Thema des November Workshops sind ja die Chakren: diese erlebe ich als Sammelpunkte für verschiedene Energien. Um sich selbst besser kennen zu lernen, rege ich an, jeweils zu Beginn und zum Ende der Einheiten, kurz zu notieren, welche Stimmungen auftauchen. So wird die Körper-Geist-Seele-Einheit immer besser erfahrbar. Also nebst den für die Übungen notwendigen Zutaten bitte auch Schreib- und/oder Malmaterial mitbringen.
Du setzt Dich besonders mit dem Beckenboden auseinander. Warum ist in Deiner Arbeit das Becken von so zentraler Bedeutung?
Adelheid Ohlig: Das Becken ist der Ort, von dem wir alle herkommen und es ist der Ort, an dem Leben weiter gegeben wird. Es ist der Ort des Eros, der schöpferischen Antriebskraft. Das Becken ist unser Kraftzentrum, von dort entfalten sich Fruchtbarkeit und Kreativität.
Lebensfreude, Lust, Kunst, Kreativität und Forschergeist – wenn Du über Yoga sprichst, geht es sehr stark um Themen, die den individuellen Ausdruck betonen. Das klingt nicht so streng wie bei anderen Yoga-Stilen. Wo lässt Du als Yogini die Zügel mehr los und wo schirrst Du vielleicht sogar mit doppelter Sicherung an?
Adelheid Ohlig: Im Luna Yoga spielt Eigenmacht eine große Rolle – diese möchte ich stärken. Das Potential, das wir in uns tragen, will gelebt werden. Unsere Potenz – das ist ja das Vermögen, das Können, ist unsere Lebenskraft. Im Luna Yoga geht es weniger um Disziplin als um Lust. Wenden wir uns dieser neugierig forschend zu, erzählt sie uns alles: dann spüren wir, welche Nahrung uns gut tut; sei es die materielle oder die geistige Nahrung. Und dann wollen wir der Welt unsere Schätze geben. Wir üben somit aus Freude; arbeiten, weil wir etwas zu vermitteln haben, wertschätzen uns selbst und damit auch andere.
Ich achte schon gern darauf, Übungen genau zu machen, doch immer der eigenen Befindlichkeit gemäß – und diese bleibt nicht gleich. Luna – der Mond – zeigt uns deutlich, dass alles im Wandel ist. Nehmen wir dieses Wechselspiel an, gelangen wir in unsere Kraft. Jeder Mensch entscheidet selbst was gut tut. Ich rege an, ermuntere und ermutige.
Kreativität lässt sie sich nicht auf ein Kochrezept reduzieren, es haftet ihr daher etwas Unbeschreibbares, Mystisches an. Was sind Deine Erfahrungen – wann küsst die Muse am liebsten die Künstlerin?
Kreativität kommt in unerwarteten Momenten, die Muse küsst, wenn wir uns der Muße hingeben. Wenn wir uns der langen Weile anvertrauen, verweilt die Muse gern bei uns.
Du hast schon lange vor dem großen Yogaboom mit seinen zahlreichen Varianten einen eigenen Stil, den unnachahmlichen Luna Yoga, entwickelt. Bist Du zufrieden?
Adelheid Ohlig: Voll Freude betrachte ich die Entwicklung des Luna Yoga: gerade komme ich vom ersten internen Luna Yoga Kongress auf Burg Rothenfels: mehr als 70 Luna Yoga Lehrerinnen waren versammelt und 13 davon vermittelten den Schatz des Luna Yoga auf ihre Weise und mit ihren eigenen Zutaten und Erkenntnissen. Wir waren beglückt von unserer freien Verbundenheit im Luna Yoga.
Welche Themen interessieren Dich derzeit am Yoga besonders, was möchte Adelheid Ohlig noch erforschen?
Adelheid Ohlig: Die Faszien faszinieren mich auf der körperlichen Ebene. Geistig möchte ich in der Sprache gute Ausdrücke fürs unterrichten finden und seelisch sehe ich die Gefühle als lohnendes Untersuchungsfeld.
Meine letzte Frage: Sind auch Männer eingeladen bzw. besuchen auch Männer Deine Seminare?
Adelheid Ohlig: Natürlich können Männer ins Luna Yoga kommen: der Mond scheint auf alle, auch Männer kennen Rhythmen, Zyklen, Stimmungen, Befindlichkeiten. Zu den Ferienkursen kommen Männer und auch Paare gern. Wenn es um Kinderwunsch geht, lade ich Frau und Mann ein, gemeinsam Luna Yoga zu üben. Lediglich die Ausbildung steht nur Frauen offen: es soll nicht wieder vorkommen, dass Männer uns ihre (Vor)Urteile zu weiblichen Zyklen überstülpen.
Adelheid Ohlig zeigt es vor – spielerisch und mit Beckenbodenkraft