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Universalschlüssel im menschlichen Miteinander.

Was haben Gewaltfreie Kommunikation und Yoga gemeinsam? Beide fördern ein lebendiges und authentisches Miteinander, erklärt Christa Pusch. Sie ist Yogalehrerin, zertifizierte Mediatiorin und Ehe-, Familien- und Lebensberaterin. Im Gespräch mit Laya Kirsten Commenda erzählt sie über die Möglichkeiten „mit Herz und Verstand“ zu kommunizieren – und über ihr nächstes BYO-Seminar gemeinsam mit Monika Struber.

Liebe Christa, bei deinem Seminar wirst du die TeilnehmerInnen mit der Gewaltfreien Kommunikation (GfK) nach Marshall Rosenberg vertraut machen. Was ist das Besondere an dieser Kommunikationsmethode, und was hat sie mit Yoga zu tun?
Christa Pusch: Ich sehe viele Parallelen zwischen GfK und Yoga-Philosophie. Beide sind Universalschlüssel im menschlichen Miteinander. Beide sind Wege, um Beziehungen lebendig zu gestalten, in denen es um Kooperation statt um Wettbewerb geht.

Ich denke, das ist eine große Herausforderung für alle Menschen. Es ist ein Prozess, der dort startet, wo du gerade stehst, egal, ob als Yogalehrerin, als Pädagogin oder als Unternehmerin. Genau wie eine yogische Grundhaltung und Verhaltensweise kann man auch die Gewaltfreie Kommunikation tagtäglich umsetzen. Es ist wie eine Fremdsprache, denn wir sind anderes gewohnt. Unser üblich erlerntes Denken und unsere Sprache sind von Wertungen, Kritik, Zwang, Schuld- und Schamgefühlen durchdrungen. Natürlich lässt sich das nicht von einem Tag auf den anderen auflösen. Aber man kann sich immer wieder fragen: Wo stehe ich mit meinem emphatischen Zuhören, mit meinem wahrhaftigen, respektvollen, authentischen Ausdruck?

In der GfK geht es um zweierlei: Erstens darum, das ICH zu verstehen, Selbstklärung zu betreiben. Was läuft gefühlsmäßig in mir ab, was sind meine Bedürfnisse und Wünsche, was sind dahinter liegende Muster, von denen ich mich verabschieden möchte? Ich übe mich auch in Selbstbehauptung, setze mich wertschätzend für meinen Standpunkt und für meine Bedürfnisse ein.

Und zweitens geht es darum, durch aktives Zuhören das DU zu verstehen und damit zur Klärung beizutragen.

Wie setzt du die Gewaltfreie Kommunikation konkret in deinen Yogastunden um?
Christa Pusch:
Zum einen wähle ich die Sprache und meine Anleitungen entsprechend. Ich kommuniziere mit Wertschätzung und Wohlwollen, lade die Teilnehmerinnen ein, sich selbst mit einem mitfühlenden, liebevollen Blick zu beobachten, ihre Grenzen zu achten, Pausen zu machen, wenn der Atem es ihnen sagt, gut in sich hineinzufühlen, körperliche Achtsamkeitsgebiete wahrzunehmen und im Einklang mit ihrer jeweiligen Tagesverfassung zu üben. Ich gebe meinen TeilnehmerInnen Raum und Freiheit – und das spüren sie.

Zum anderen gestalte ich manche Yogastunden zu Themen wie Gewaltlosigkeit, Mitgefühl oder Wahrhaftigkeit, die sich in der GfK genauso finden wie in der Yoga Philosophie. Hier gibt es viele Anknüpfungspunkte zu den ethischen Grundlagen bei Patanjali. Beziehungsweise gehe ich auf Aspekte des Achtfachen Pfades im Buddhismus ein. Sowohl in der GfK als auch in diesen traditionellen Philosophien geht es darum, alle Sinne nach innen zu richten, die Wahrnehmung zu erweitern: Was ist jetzt lebendig, was will jetzt ausgedrückt, gesagt, erkannt werden?

Diese Zugänge erlauben zu erfahren, dass wir gemeinsam viel mehr zustande bringen als einer oder eine alleine. Das merkt man auch in der Meditation. Die fokussierte Energie der Gruppe lässt die Wirkungen stärker spüren, man fühlt sich von der gemeinsamen Aufmerksamkeit und Liebesenergie getragen.

Wie kann man in schwierigen Situationen gewaltfrei kommunizieren, etwa wenn eine Teilnehmerin immer zu spät kommt, unangenehmen Körpergeruch hat oder die Stunde anderweitig stört?
Christa Pusch: Hier kann man das Vier-Schritte-Modell der GfK anwenden:

1) Die Beobachtung so konkret und klar wie möglich, ohne Interpretation, ohne Bewertungen formulieren, zB: „Ich habe beobachtet, dass du in den letzten 4 Yogastunden 5 Minuten zu spät gekommen bist.“

2) Meine Gefühle ausdrücken – wie geht es mir als Yogalehrerin damit? Also zum Beispiel: „Ich bin frustriert.“

3) Mein Bedürfnis formulieren: „Mir ist wichtig, dass wir alle gemeinsam den Yogaunterricht beginnen.“

4) Meinen Wunsch, meine Bitte formulieren: „Mein Wunsch ist, dass du pünktlich zum nächsten Yogaunterricht kommst.“

Den Unterschied zwischen Wunsch und Forderung spürt das Gegenüber sofort. In der GfK ist der Raum dafür frei, dass der oder die andere auch Nein sagen darf.

Wenn ich gewaltfrei kommuniziere, bedeutet das nicht, dass alles nach meinen Bedürfnissen läuft. Ich habe aber mehr Klarheit und komme in Beziehung mit meinem Gegenüber, erfahre, welches Bedürfnis hinter dem Verhalten der anderen Person steckt. Alles, was Menschen sagen, dient dazu ihre Bedürfnisse zu befriedigen – und ich bin überzeugt, dass es immer eine Möglichkeit gibt, das respektvoll und gewaltfrei zu tun.

In diesem Fall könnte es zum Beispiel sein, dass die zu spät kommende Teilnehmerin ein kleines Kind oder einen kranken Elternteil zu versorgen hat. Indem ich gewaltfrei = einfühlsam kommuniziere, begegne ich ihr authentisch. Ich mache mich damit natürlich verletzlich. Und genau diese Offenheit führt schließlich für beide zu mehr Klarheit. Ich kann entweder mit dem zu spät kommen leben, indem ich meine Einstellung über Pünktlichkeit erweitere, oder ich drücke deutlich aus: „Mir ist es wichtig, dass wir gemeinsam die Yogastunde beginnen, daher bitte ich dich, einen anderen Kurs zu belegen.“

Zur Kommunikation als Yogalehrerin gehört auch Marketing – für viele ein eher schwieriges Thema. Wie kann man sich gewaltfrei und „mit Herz und Verstand“ selbst vermarkten?
Christa Pusch:
Die GfK ist eine wunderbare Möglichkeit zur Selbstklärung. Hier kommen wir ganz schnell zum Thema Selbstwert. Wenn ich mir selbst wertvoll bin, dann kann ich mich auch gut „am Markt“ positionieren. Ich erkenne die besondere Qualität, die ich als Yogalehrerin habe, und gebe sie gerne weiter. Und es gibt Menschen, die genau diese Qualität suchen. Dann geschieht alles fließend und wie von selbst. Ich konnte das an meinem eigenen Beispiel beobachten. Je mehr ich mich mit Yoga auseinandergesetzt und unterrichtet habe, desto mehr habe ich gelernt, mich selbst zu achten und zu schätzen, so wie ich bin, meine Stärken und meine Schwächen anzunehmen. Und das Wunderbare ist, dass ich von den TeilnehmerInnen in meinen Kursen und Seminaren genauso wertgeschätzt werde, wie ich mich und meine Fähigkeiten als Yogalehrerin wertschätze.

Was erwartet die TeilnehmerInnen beim Seminar von 17. bis 19. April in Zell am Moos, das du gemeinsam mit Monika Struber gestalten wirst?
Christa Pusch:
Einerseits werden wir die Philosophie und die Grundlagen der GfK erklären, andererseits gibt es natürlich Yogapraxis mit entsprechenden Schwerpunkten. Achtsamkeits- und Mettameditationen helfen dabei, das Mitgefühl zu stärken, meditative Bewegungsabfolgen erweitern und verfeinern die Wahrnehmung. Wunderbar ist es, wenn die TeilnehmerInnen Konfliktbeispiele aus ihrem beruflichen oder privaten Alltag mitbringen, anhand derer wir in Rollenspielen konkret üben können.

 

 

Christa Pusch, Gewaltfreie Kommunikation, Yoga